Eine Markise spendet auf der Terrasse, dem Balkon oder auch im Wintergarten wertvollen Schatten, schützt die Privatsphäre und vor zahlreichen Witterungs- und Umwelteinflüssen. Die Markise sorgt je nach Länge und Breite für die gewünschte Beschattungsfläche je nach Bedarf.
Doch wie weit darf ein Sonnenschutz in bautechnischer sowie auch rechtlicher Hinsicht herausragen? Aufhängungen werden sowohl für private wie auch gewerbliche Einrichtungen genutzt. Bei der Anschaffung und Nutzung gilt es bestimmte bauliche sowie rechtliche Anforderungen und Auflagen zu beachten.
Was ist bautechnisch zu beachten?
Inwieweit eine Markise ausfahren darf, hängt technisch betrachtet unter anderem von der Statik und auch von dem Montageuntergrund ab.
Es gibt verschiedene Konstruktionen und Größen. Entsprechend der Art der Konstruktion sind sie mit einem bestimmten Ausfallformat konzipiert. In der Regel besitzen beispielsweise Gelenkarmmarkisen eine Ausfalllänge zwischen 1,50 m und rund 4 Meter, während sie in der Breite oft über 2 Meter bis 7 Meter verfügen. Doch es gibt auch Anbringungen mit einer Ausfalllänge von 5 m und mehr.
Je nachdem wie weit der individuelle Bedarf der zu beschattenden Fläche reicht, werden Modelle ausgewählt. Doch auch, wenn ein Modell in einem großen Format in voll ausgefahrenem Zustand eine große Fläche beispielsweise auf einer Terrasse abdeckt, heißt das nicht, dass sie auch so weit ausgefahren werden und in vollem Umfang überstehen sollte oder das jeweilige Modell das Geeignete ist
Aufgepasst bei besonders großen Markisen
Ausgefahrene Markisen, die große Beschattungsflächen bis 30 m² abdecken, können auch schwere Schäden an der tragenden Konstruktion beziehungsweise dem Mauerwerk verursachen.
Der Schwerpunkt einer voll ausgefahrenen Aufhängung liegt weit außen. Aufgrund der Hebelwirkung wirken große Kräfte ein, die über die Konsole auf den Montageuntergrund übertragen werden.
Des weiteren beeinflusst auch die vorherrschende Windstärke das Kräftegleichgewicht. So entsteht beispielsweise bei einem voll ausgefahrenen Gerüst mit einem Ausfall von 4 Metern, einer Breite von 7 Metern und einer Windstärke 6 eine Hebelkraft von circa 5000 Newtonmetern (Nm).
Demzufolge ist auf die Windwiderstandsklasse des Modells und den Befestigungsuntergrund vor Ort zu achten. Gerüste werden in verschiedenen Windwiderstandsklassen angeboten. Die Windwiderstandsklassen geben an, bis, zu welcher Windstärke Markisen in ausgefahrenem Zustand gelassen werden dürfen.
Welche Windwiderstandsklassen gibt es?
- Windwiderstandsklasse 0: Markisen in dieser Klasse dürfen bei Wind nicht ausgefahren werden. Sie erfüllen nach DIN EN 13561 nicht die erforderlichen Leistungen.
- Windwiderstandsklasse 1: Markisen dürfen bis Windstärke 4, das heißt einer mäßigen Windbrise mit einer Geschwindigkeit zwischen 20-27 km/h, ausgefahren werden. Zu erkennen ist dies an bewegenden kleinen Zweigen und Ästen oder an leicht umherfliegendem Papier und Staub.
- Windwiderstandsklasse 2: Markisen dürfen bis Windstärke 5 (frische Brise) ausgefahren werden. Dabei ist der Wind meist akustisch deutlich wahrnehmbar, während sich größere Äste und Zweige bewegen. Die Windgeschwindigkeit liegt zwischen 28km/h und 37 km/h.
- Windwiderstandsklasse 3: Markisen dürfen bis zu der Windstärke 6 ausgefahren werden, die einen starken Wind beschreibt, der dicke Äste bewegt und ein stark hörbares Pfeifen wie beispielsweise an Drahtseilen oder Leitungen verursacht. Der Wind erreicht eine Geschwindigkeit von 38 km/h bis 48 km/h. Diese Windwiderstandsklasse ist die Höchste.
Es gibt auch speziell konstruierte Varianten, die bei höheren Windstärken einsetzbar sind. Diese müssen mit dem CE-Siegel gekennzeichnet sein.
Die Windwiderstandsklasse steht auch in Abhängigkeit mit dem Montageuntergrund. Befestigt wird ein Sonnenschutz meist an der Wand oder an Decken, jedoch ist dabei auf die Stabilität des Materials zu achten.
Der Untergrund kann beispielsweise aus Beton, Vollstein Ziegel, Vollstein Kalksandstein, Lochstein Ziegel, Lochstein Kalkstein oder Porenbeton bestehen. Bei leichtem Baumaterial, wie Porenbeton, kann der Windwiderstand nicht garantiert werden. Diese Modelle dürfen nicht weiter überstehen als bis zu ihrem statischen Nachweis.
Es ist zu empfehlen, sich nicht nur nach dem Beschattungs- und Nutzungsbedarf zu orientieren, sondern sein Modell insbesondere nach den baulichen Gegebenheiten nach Maß anfertigen zu lassen und zu gebrauchen.
Varianten, die über einen Kasten mit variabel einrückbaren Spannschienen oder Führungsschienen verfügen, besitzen einen maximalen ausnutzbaren seitlichen Überstand, der von dem jeweiligen Modell abhängig ist.
Dabei ist auf besonders starke Aluminiumprofile zu achten. Führungsschienen, die nach vorne ausgerichtet sind, dürfen über den letzten Befestigungspunkt nur in einem bestimmten Maß wie beispielsweise 100 cm überstehen.
Gesetzliche Anforderungen im öffentlichen Bereich
Aufhängungen werden auch im gewerblichen Bereich genutzt und kommen dabei auch häufig auf öffentlichem Gelände wie Straßen, Plätze oder Fußgängerzonen zum Einsatz. So überdachen Markisen beispielsweise die Terrasse eines Cafés auf einer Straße oder werden vor den Schaufenstern eines Geschäftes installiert.
Sie gelten als eine am Gebäude befestigte Einrichtung und unterliegen dadurch dem Bauordnungsrecht und Denkmalrecht.
Des weiteren berühren sie in diesem Zusammenhang das Sondernutzungsrecht. Städte und Gemeinden stellen unter anderem auf öffentlichem Straßenraum in ihren Satzungen besondere Regelungen auf, die eingehalten werden müssen.
Unterschiede in den Gemeinden beachten
Diese Vorschriften sind von Stadt zu Stadt und Gemeinde zu Gemeinde im Einzelnen unterschiedlich geregelt. Allerdings gibt es bestimmte Aspekte bezüglich der Überstände, an denen man sich grundsätzlich orientieren kann.
Zunächst haben viele Gemeinden Vorschriften über die Art der Anbringung. Dabei sind häufig nur Gelenkarmmarkisen, Fallarmmarkisen und keine feststehenden Markisen zulässig. Des Weiteren dürfen sie nur einzeln über dem jeweiligen Fenster oder der entsprechenden Tür angebracht sein.
Ein Modell über mehrere Fenster oder die gesamte Hausbreite zu ziehen ist nach vielen Satzungen unzulässig. So sind die vorgegebenen Einzelmarkisen auch passgenau über die Fenster oder Türen anzubringen und dürfen nicht oder nur geringfügig, beispielsweise maximal 0,10 Meter, über die betreffende Laibung überstehen.
Sie dürfen auch häufig bedeutende Architekturteile nicht überdecken und müssen vor dem Haus frei auskragen.
Sonnenschutz im öffentlichen Bereich
Ein Sonnenschutz im öffentlichen Straßenbereich darf nur mit einer entsprechenden Mindesthöhe von beispielsweise 2,20 m an der niedrigsten Stelle über der Bodenfläche überstehen, damit ein freier Durchgang gewährleistet wird. Auch das Maß vom Ausfall ist in jeder Satzung geregelt.
So darf beispielsweise nicht mehr als 1,60 m, von der Gebäudefassade abgerechnet, über die Straße ausgefahren sein. Die Maße sind jedoch von Satzung zu Satzung unterschiedlich geregelt. Auf keinen Fall darf eine Anbringung über dem Randstein oder dem Fahrbahnrand stehen.
Eine Aufhängung darf dem Fahrbahnrand nicht näher als beispielsweise 50 Zentimeter kommen. Es gilt zu beachten, dass zur Fahrbahn auch Fahrradwege und Entwässerungsrinnen zählen.
Die vorgeschriebenen Abstände können je nach Satzung auch höher sein! Soll eine Aufhängung eine Gewerbefläche in einer Fußgängerzone überschatten, darf sie auch hier nur in einem bestimmten Bereich überstehen und muss festgelegte Abstände einhalten.
Für das Anbringen auf öffentlichem Grund ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich! Die Sondernutzung von öffentlichem Straßenraum, wie das Überdachen der öffentlichen Fläche ist gebührenpflichtig!
Wie weit darf eine Markise im privaten Bereich überstehen?
Das Anbringen im privaten Bereich, sofern es sich nicht um ein eigenes Grundstück oder Haus handelt, erfordert die Erlaubnis des Vermieters, der Hausverwaltung oder der Wohnungseigentümergemeinschaft. Sehr häufig sind die Vorschriften über das Anbringen und Ausfahren sowie die damit verbundene Gestaltung in der Hausordnung, dem Mietvertrag oder den Regularien der Wohnungseigentümergemeinschaft geregelt.
In der Rechtsprechung wurden bereits einige Fälle entschieden, an denen man sich hinsichtlich der Frage “Wie weit darf, eine Markise überstehen” orientieren kann:
Auch Markisen dürfen nicht so weit überstehen, dass sie den Balkon vollständig umhüllen. Das Amtsgericht Münster entschied in einem Urteil (Az.:48 C 2357/01) bezüglich eines schweren Kunststoffvorhangs, der an einer fest installierten Schiene angebracht war und den Balkon vollständig einschloss, dass dies nicht zulässig ist.
Hinsichtlich des Sichtschutzes legte das Amtsgericht Köln im Urteil Az. 212 C124 / 98 fest, dass Wohnungsmieter auf einem Balkon einen Sichtschutz bis zur Höhe des Handlaufs anbringen können, sofern die Außenfassade des Gebäudes nicht optisch verunstaltet wird.
Der Sichtschutz darf also in diesem Fall nicht über den Handlauf des Balkongeländers überstehen.